Wormser Weingeschichten: Von den Elefantenhöfen bis zur Wormser Vinothek
18. Juli 2023
Wormser Weingeschichten: Von den Elefantenhöfen bis zur Wormser Vinothek
Die neue Gästeführung „Weinstadt Worms – Stadtspaziergang mit Weingenuss“ bietet spannende Einblicke in die Wormser Weinbautradition und führt in die Elefantenhöfe.
Wer an Worms denkt, dem kommen gleich die Nibelungen-Festspiele oder der imposante Dom in den Sinn. Doch die Stadt blickt auch auf eine lange Weinbautradition zurück, die Interessierte seit Mai 2023 bei der neuen Führung Weinstadt Worms – Stadtspaziergang mit Weingenuss entdecken und auch schmecken können. Touristen wie Einheimische erfahren während der Führung allerlei spannende Weingeschichten.
Die Elefantenhöfe: Ein schöner Ort zum Entspannen und Genießen
Die Führung startet vor den Elefantenhöfen am Weckerlingplatz. Hier wartet auch schon unsere Gästeführerin Karin Kissel. Die Frage, die allen Teilnehmenden unter den Nägeln brennt: Woher stammt der Name Elefantenhöfe? „In der Zeit, wo es noch keine Postanschriften gab und keine Hausnummern, da hatten die Häuser Hausnamen und entsprechend haben wir hier das Haus zum Elefanten“, erklärt Gästeführerin Karin Kissel und zeigt auf den Torbogen aus dem Jahr 1707. Auf dem steht geschrieben Alhier zum Elephant bin ich genandt (Hochdeutsch: Diese Stelle wird Zum Elefant genannt). Darüber ist ein Elefantenkopf in den Stein gemeißelt.
Das historische Eingangsportal zu den ElefantenhöfenBlick über das Eingangsportal der Elefantenhöfe in Worms
Dann geht es auch schon direkt durch das Tor hinein in die Elefantenhöfe. In der kleinen Vinothek des Weinguts am Dom gibt es ein Glas Sekt. Dem grauen Riesen bleibt man hier treu: Denn der Elefantenkopf ziert ebenfalls die Weingläser und Flaschen. Ein echter Hingucker. Nachdem die Gruppe mit einem edlen Tropfen versorgt ist, machen wir es uns im Innenhof unter einem riesigen Schirm gemütlich und lauschen Karin Kissels Geschichten zur Entstehung der Elefantenhöfe. Der Kaufmann Peter Joseph Valckenberg hat hier 1786 das über die Grenzen hinaus bekannte Handelshaus für Wein gegründet.
Gemütliches Ambiente in den ElefantenhöfenDie Vinothek des Weinguts am DomImmer präsent: Der Elefant
Langsam füllt sich der Hof mit weiteren Gästen, die ebenfalls ihren wohlverdienten Feierabend zelebrieren. Das Konzept der Elefantenhöfe überzeugt aufgrund der Vielfalt. Angesiedelt sind in dem schnuckeligen Hof neben dem Weingut auch die Kaffeerösterei Perro Negro, das KLeiNe [Bistro], die Eismanufaktur l´arte del nonnosowie die Cocktail- und Weinbar EINRAUM und sogar der Friseur LOOK. Egal ob für einen Kaffee, ein Eis oder einen Wein aus der Region: Die Elefantenhöfe bieten für jeden Geschmack das richtige Getränk und den dazu passenden Snack. Auch für Veranstaltungen wie Hochzeiten können die Elefantenhöfe gemietet werden. Für mich steht jetzt schon fest: Das war definitiv nicht mein letzter Besuch.
Auf einem
brachliegenden Grundstück rechterhand der Elefantenhöfe ist noch einiges
geplant, genauso wie in den Kellerräumen unter dem Gelände. Die Gästeführerin
Sandra Wilhelm hat mir vor der Weinführung einen exklusiven Einblick in den
Untergrund gegeben. Man sieht den Elefantenhöfen von außen gar nicht an, dass
sie komplett unterkellert sind. Wie ein „Karnickelbau“, so beschreibt Sandra
Wilhelm den riesigen Keller mit einigen Räumen und Gängen. Direkt unter den
Elefantenhöfen liegt der einst größte Fassweinkeller Rheinhessens, der
Elefantenkeller. Heute lagern hier neben modernen Edelstahlfässern auch noch
alte Holzfässer, teilweise aus dem 19. Jahrhundert. Ich bin sehr gespannt, was
hier unten alles noch entsteht, denn einige Räume stehen aktuell noch leer.
Alte Weinfässer in den Kellerräumen unter den ElefantenhöfenStadtführung Weingeschichten Worms
Luginsland: Mittelalterliche Weinlage und einstige Gefängniszelle
Von den Elefantenhöfen geht es nur wenige Meter am Andreasstift vorbei und durch das Andreastor zu einer besonderen Weinlage, dem Luginsland direkt vor der Stadtmauer. Dieser merkwürdig klingende Name ist auf den aufmüpfigen König Heinrich VII zurückzuführen, der in dem gleichnamigen Turm vom eigenen Vater Kaiser Friedrich eingesperrt und seiner angedachten Braut beraubt wurde. Auf die Frage, was er denn den ganzen Tag im Turm mache, soll er gesagt haben: „Ich lug hier so ins Land.“ Armer Kerl. Aber zurück zum Wein: Hier wachsen eher unbekannte Rebsorten wie Grüner Adelfränkisch oder Fränkischer Burgunder. Beides sind historische Sorten, die erst vor wenigen Jahren wiederentdeckt wurden. Im Mittelalter hat man vor allem auf den gemischten Satz gesetzt, also verschiedene Rebsorten in einem Weinberg, weiß Karin Kissel zu berichten.
Unterwegs entlang der StadtmauerDer kleine Weinberg „Luginsland“ auf rund 2.000 qm entlang der Stadtmauer Der Turm Luginsland
Gegenüber liegt der jüdische Friedhof Heiliger Sand, auf den Karin Kissel ebenfalls kurz eingeht. Denn Wein hat im Judentum eine besondere Bedeutung. Die Herstellung koscheren Weins unterliegt allerdings strengen Regeln. So erfahren wir, dass die Traubenlese erst im vierten Jahr erfolgen darf. Der Friedhof Heiliger Sand ist übrigens der älteste jüdische Friedhof Europas und Teil des UNESCO-Welterbes SchUM-Stätten.
Winzerbrunnen:
Weingeschichte in Bronze
Weiter geht es
zum Dom, wo schon alles für die Nibelungen-Festspiele aufgebaut wird, und zu
einem weiteren Highlight, dem Winzerbrunnen. Leider, obwohl es der Name
vermuten lässt, sprudelt aus ihm kein Wein. Dafür ist er rundum geschmückt mit
lauter Szenen rund um den Weinanbau. Angefangen bei Noah, der laut der Bibel den
ersten Weinberg nach der Sintflut angelegt hat, den Römern, die die Weinreben
nach Worms gebracht haben, über die Buttenträger bis hin zu rauschenden Festen
wie dem allseits beliebten Backfischfest.
Nahaufnahme vom Winzerbrunnen
Nach einem kurzen Abstecher zum Lutherdenkmal sind wir schon am letzten Stopp der Führung angekommen. In der Wormser Vinothek dürfen sich alle Teilnehmenden einen Wein aus dem umfangreichen Angebot aussuchen. Da hat man die Qual der Wahl. Ich lasse mich von der fachkundigen Bedienung beraten und entscheide ich mich für ein Glas Scheurebe. Ein letztes Mal wird angestoßen: „Prost, Prost, Prösterchen!“
Schöner Abschluss in der Wormser Vinothek
Fazit: Dies ist
selbstverständlich nur ein kleiner Ausschnitt der Führung und es gibt noch
weitaus mehr Interessantes zu berichten. Für mich war es insgesamt eine rundum
gelungene Führung zur Wormser Weingeschichte mit gut gewählten Stationen, die
nur wenige Gehminuten voneinander entfernt liegen, und vielen amüsanten
Anekdoten. Der Stadtspaziergang ist ein guter Start in einen genüsslichen und
weinfröhlichen Abend in Worms. Besonders das gesellige Ambiente in den
Elefantenhöfen lädt nach dem Stadtspaziergang zum Verweilen ein.
Die Führung findet immer am letzten Freitag im Monat statt und dauert ca. 1,5 Stunden. Im Ticketpreis inbegriffen sind ein Glas Sekt und ein Glas Wein. Tickets für die Führung und weitere Informationen gibt es auf der Seite www.worms-erleben.de.
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