Mainzer Schwellköpp © Maike Riedel - DSC_0468

12. Februar 2020

Fastnacht: Fleebutz und Eulefons. Krebbel und Helau.

Wann haben Sie zuletzt aus Leibeskräften ein dreifach donnerndes Helau geschmettert? Lange her? Dann nichts wie in der nächsten Zeit nach Mainz und Rheinhessen. Die Fasnacht steuert so langsam auf Ihren Höhepunkt zu und Sie können mittendrin sein.

Narrenruf: Helau!

Wichtig zu wissen, in Rheinhessen ruft man zur Fastnacht Helau! Woher der Ruf stammt kann leider nicht genau nachgewiesen werden. Bei Alaaf weiß man, dass es aus dem Kölschen „all af“ kommt. Was soviel bedeutet wie „über alles“, also „Köln über alles“. Der Helau Ruf ist zwar weit verbreitet, nicht nur in Mainz, Rheinhessen, Koblenz – nein sogar in Düsseldorf rufen die Narren Helau, woher er aber kommt weiß man nicht wirklich. Möglicherweise ist es eine Abwandlung von Halleluja, oder auch von „Hölle auf“ – denn zur Fastnachtszeit sollen nicht nur der Winter, sondern auch die bösen Geister, die aus der Hölle kamen, vertreiben werden.

Gutenbergdenkmal mit Narrenkappe
Gutenberg-Denkmal mit Narrenkappe.
Fastnacht in Mainz. Copyright: Robert Dieth

Wann genau beginnt eigentlich die 5. Jahreszeit?

Wer ein echter Fastnachter sein will, der huldigt am 11.11. der Narrenzahl Elf auf dem Mainzer Schillerplatz, lauscht der Proklamation der Narrencharta am Fastnachtsbrunnen und fiebert ab diesem Tag zur Kampagne hin. Spätestens zum Neujahrsumzug des Mainzer Carneval-Verein am 01. Januar bricht sich dann das dreifachdonnernde Helau seine Bann, die 5. Jahreszeit ist eingeläutet.

Wer Silvester in Mainz verbringt, stimmt sich am Neujahrsmorgen um 11.11 Uhr mit dem 1000 Teilnehmer umfassenden Zug auf die Meenzer Fastnacht ein. Die typischen Schwellköpp, unzähligen Fahnenträger und 500 Musiker/innen spielen am Ende der Wegstrecke im Schatten des Doms das traditionelle Neujahrskonzert der Garden. Schöner kann ein Jahr nicht beginnen – zumindest nicht im Sinne eines vierfarbbunten Narren aus der Region.

Schwellköpp. Nicht wegzudenken aus der Fastnacht.

Was wäre die Mainzer Fastnacht ohne ihre Schwellköpp? Die überdimensionalen Gesichter sind das Symbol der Mainzer Straßenfastnacht und nun schon seit 1927 eines der Aushängeschilder. Sie heißen „Eulefons“, „Karlche“, „Bawett“ oder „Fleebutz“ und wurden von Ludwig Lipp, Mainzer Unternehmer (Firma für Theater-Plastik und Pappmache), erfunden. Er wollte lustige Mainzer Charaktere darstellen. Ady Schmelz (ehemaliger MCV Zugmarschall) sagte einmal, die würden allerdings nicht wie Großstädter aussehen, sondern eher so, als kämen sie aus dem rheinhessischen Hinterland. Da hüstelt der gemeine Rheinhesse zwar etwas pikiert, doch Fakt ist, dass die Schwellköpp satte 25 Kilo schwer sind und dem Träger auf dem rund vier Stunden dauernden Einsatz am Rosenmontagszug einiges an Kondition abverlangen.

Mainzer Schwellköpp
Mainzer Schwellköpp. Jugenmaskenzug 2020.
Fastnacht in Mainz. Copyright: Maike Riedel

Höhepunkt von Kokolores und Büttenreden

Ab Januar hat also die Fastnacht die Region fest im Griff und viel zu bieten. Aller Orten wird fleißig geschunkelt, aus der Bütt die Ortspolitik aufs Korn genommen, getanzt und marschiert. Ob Saalfastnacht oder Umzug, ob Ball oder Theater – jeder kommt hier auf seine Kosten. Sobald die Rathäuser gestürmt und den Obrigen die Schlüssel für die närrischen Tage entrissen wurden, sind die Rheinhessen nicht mehr zu halten. Konkret ist das Fastnachtswochenende immer 40 Tage vor Ostern.

Bevor die Fastenzeit beginnt, wird gefeiert. 2023 nach dem Motto:

„In Mainz steht Fastnacht voll und ganz – für Frieden, Freiheit, Toleranz.“

Fastnachtsposse im Staatstheater Mainz

Traditionell wird im Mainzer Staatstheater zur Fastnachtszeit auch die Fastnachtsposse-Posse aufgeführt. Das Stück 2023: „Aurea Moguntia oder Mainz, wie es gräbt und lacht!“ Ein naheliegendes Thema. Schließlich jubelt in jeder Mainzer Baugrube ein Archäologe, wenn auch die Bauherren weinen. Graben lohnt sich also immer für irgendwen, lachen geht auch immer.
Informationen und Tickets gibt es auf der Website des Staatstheaters Mainz.

Mädchen der Mainzer Burggrafengarde.
Mädchen der Mainzer Burggrafengarde. Jugendmaskenzug 2020.
Fastnacht in Mainz. Copyright: Maike Riedel

Saalfastnacht. Von Prunk- bis Funzelsitzung.

Holde Närrinnen und Narrhalesen, so beginnen nicht nur auf den großen Bühnen der Stadt, sondern auch auf dem Land sämtliche Sitzungen in der Kampagne. Doch nicht nur die Sitzungen der großen Vereine ziehen alljährlich unzählige Fastnachter in die Säle. Das sogenannte „Gold der Narretei“ sind in der Saalfastnacht die Redner. Und während in der Stadt die große Politik aufs Korn genommen wird, bekommen im ländlichen Raum nicht selten die Ortsvorsteher eins auf die Mütze. Keine Ortschaft in der es nicht mindestens einen Karnevalverein gibt. Unzählige junge Frauen und Männer deren Herz für das närrische Showballet schlägt, warten stets auf den Ruf des Sitzungspräsidenten „Wolle mer se eroi losse?

Männer-Gardebalett der Mainzer Prinzengarde.
Männer-Gardebalett der Mainzer Prinzengarde.
Fastnacht in Mainz. Copyright: Ralf Trabold / traboldphoto.

Nachfolgend ein paar bekannte Sitzungen, die aber nur einen Bruchteil der unzähligen Sitzungen in der Region darstellen:

Jugend in die Bütt der Mainzer Klepper-Garde.

Hier werden Talente entdeckt, und große Narren geboren. Ob Redner Showballett oder Trommlercorps – alle zeigen, welch toller Nachwuchs in den Startlöchern steht. In Jahr 2020 feierte die Sitzung der Mainzer Kleppergarde 50 Jahre Nachwuchsförderung.

Die Bohnebeitel. Mombacher Carneval-Verein 1886 e.V.

Eine Sitzung von höchstem Niveau in der Turnhalle in Mombach. Kein Schi Schi sondern pure Gemütlichkeit, vertretbare Preise und Narretei in Perfektion. Die vielen eigenen Bühnenaktiven, die auch für die „große“ Bühne der Fernsehfastnacht unterwegs sind, tragen zur Popularität des Vereins bei. Doch die Karten sind schwer zu bekommen. Wer das Glück hat, das er jemanden kennt, der jemanden kennt … vielleicht kann er dann mitfeiern: Mumbach, Mumbach, täterä. Falls nicht – die Sitzung wird jährlich im SWR Fernsehen übertragen.

Trompeter der Rheingold Show and Brass Band beim Jugendmaskenzug 2020.
Trompeter der Rheingold Show and Brass Band beim Jugendmaskenzug 2020.
Fastnacht in Mainz. Copyright: Maike Riedel

Tipps der Insider:
Kneipenfassenacht im Goldstein, Meenzer TRAMbaszamba, die KCK Brauereisitzung und das Kellergelächter im Vinarmarium

In der Mainzer Kneipe zum Goldstein wird alljährlich eine uralte Mainzer Tradition aufrechterhalten. Recht früh in der Kampagne findet die besondere „Sitzung“ für Fastnachtsenthusiasten statt. Die Aktiven verschiedener Fastnachtsverein, von Haubinger, über Mainzer Narrengilde und Jocusgarde zeigen ein vielseitiges Programm von der politischen Rede, über Stimmungslieder und Sketche. Die Aktiven, die auftreten wollen „bewerben“ sich beim Kneipenwirt und bekommen – falls verdient – den hauseigenen Orden.

Die Meenzer TRAMbaszamba des Fidelia Narrhalla e.V.: Eine närrische Party in der Straßenbahn. Für 120 Gäste gibt es närrische Beiträge und großartige Stimmung mit vielen bekannten Aktiven der Meenzer Fastnacht in der fahrenden Bahn. Im Anschluss geht die Party im Mainzer Weingut Christophorus Hof weiter.

Die Aktiven des Karneval-Club Kastel 1947 e.V. tagen im Hyatt zur FesnterSitzung und danch noch zweimal im Gutnebergsaal der Rheingoldhalle.

Gonsenheimer Carneval Verein Kampagne 2019
Gonsenheimer Carneval Verein Kampagne 2019
Fastnacht in Mainz. Copyright: Ralf Trabold – traboldphoto

Echte Mainzer Fastnacht – eiskalt serviert.

Der Slogan der Eiskalten Brüder Gonsenheim 1893 e.V. Ein traditionsreicher Mainzer Fastnachtsverein, der aus der Wirtshausfastnacht hervorging. Daher ist auch das Highlight die Traditionssitzung „Alt Gunsenum“, die sich auf die Anfänge des Vereins bezieht. Der Name stammt übrigens von einem Ofen, der beim ersten Planungsabend in einem eisigen Winter nicht nachgeheizt wurde. Der Verein hat ein umfangreiches Programm, das nicht nur in der ortseigenen Turnhalle, sondern auch im Mainzer Schloss und andernorts präsentiert wird.

Fastnachtsbälle

Sie sind lieber in phantasievollen Kostümen und Masken unterwegs und schwingen auch gern mal das Tanzbein? Dann müssen Sie einfach einen der Bälle besuchen. Auch zahlreiche Partys in den Kneipen verlocken zu durchtanzten Nächten. Und auch hier eine Auswahl besonderer Bälle:

Der Husarenball der Schwarzen Husaren

Eine einzigartige Tanzveranstaltung im Stil längst vergessener Bälle, kombiniert mit erlesenem Showprogramm und einem Top-4-Gänge Menü.

Party im Feldlager

Die Garde der Prinzessin feiert auf der Zitadelle. Direkt nach dem Umzug steigt da die traditionelle Ro-Mo-GdP-Party im Feldlager der GdP „Die Kulturei“ auf der Zitadelle.

Oliver Mager bei der "Fastnight" der Mainzer Prinzengarde.
Oliver Mager bei der „Fastnight“ der Mainzer Prinzengarde.
Fastnacht in Mainz. Copyright: Ralf Trabold – traboldphoto

Ball-Nacht der Narren

Ob Guggemusik, Bands oder DJ Area in den verschiedenen Sälen und Räumen der großen Turnhalle in Gonsenheim, bietet die Ball-Nacht des Gonsenheimer Carneval-Verein „Schnorreswackler“ für jeden etwas.

Prinzengardeball

Der größte aller Fastnachtsbälle findet alljährlich in der Rheingoldhalle am Fastnachtssamstag statt. Ausgerichtet von der Mainzer Prinzengarde e.V. bietet dieser Ball das Beste, was die Meenzer Fastnacht musikalisch zu bieten hat. Und immer gibt es auch ein Kostümprämierung.

Altweiberfastnacht

Zu Altweiber bieten sich unzählige Attraktionen an. Ob Sie die Mainzer Kneipenwelt besuchen, auf dem Schillerplatz bei der MCV Party zur Livemusik tanzen oder sich im Vorfeld Karten für einen der vielen Bälle sichern, jede Veranstaltung hat ihren Reiz. Ob der Black Magic Altweiberball der Schwarzen Husaren im Haus am Dom, der Altweiberball der Mainzer Ranzengarde im Frankfurter Hof oder einfach aufs Land fahren, wirklich überall finden sich Bälle in den Turnhallen, Gemeindehäusern und Gaststätten.

Ewe kommt de Zug. Umzüge in Mainz und Umgebung.

Die Straßenfastnacht ist der Ursprung der Mainer Fastnacht. Bereits 1837 wurde der erste Umzug in Mainz organisiert und an dem Grundprinzip -sie sollen zur Verbreitung von „Frohsinn und Wohltun“ dienen – hat sich bis heute nichts geändert.

Elferrat auf dem Umzugswagen
Elferrat auf dem Umzugswagen. Rosenmontag.
Fastnacht in Mainz. Copyright: Robert Dieth

Es gibt viele Umzüge, die man besuchen kann, und einige, die man nicht verpassen sollte. Natürlich ist der Rosenmontagszug das Highlight, doch auch die kleineren Ortschaften haben viel zu bieten und etliche Zugnummern im Programm. Auch hier ein paar Züge, die herausstechen:

Kirchgartenfest der Mainzer Ranzengarde

Wenn die Ranzengarde mit ihren Corps sowie weiteren befreundeten Musikerinnen und Musikern durch die Mainzer Altstadt zieht, schunkeln selbst die Fachwerkhäuser. Es werden keine Bonbons geworfen, doch zur Einstimmung auf die närrische Zeit ein großartiges Erlebnis.

Der Mainzer Jugendmaskenzug.

Der Mainzer Jugendmaskenzug ist der größte Umzug von jungen Narren in Europa. Er windet sich immer am Fastnachtsamstag durch die Stadt. In der Mainzer Neustadt setzt er sich in Bewegung und endet am Gutenbergplatz. Über 5000 Teilnehmer aus Kindergärten und Schulen der Stadt nehmen, mit eigens gefertigten Kostümen, teil. Am Ende wird die Gruppe mit den schönsten Ideen mit einem Preisgeld belohnt.

Mainzer Prinzenpaar 2020 mit Hofstaat
Mainzer Prinzenpaar 2020 mit Hofstaat beim Jugenmaskenzug 2020.
Copyright: Maike Riedel

Finthener Lebensfreude

Nach dem Rosenmontagszug ist das wohl der größte Umzug in Mainz. Aus der ganzen Umgebung melden sich Garden und Vereine zur Teilnahme an. Und durch Mainz Finthen zieht dann am Fastnachtsonntag um 11.11 Uhr der närrische Lindwurm aus über 60 Zugnummern.

Tanz auf der Lu.

Nach der Parade der närrischen Garden gibt es neben Livemusik am Fastnachtsbrunnen alljährlich am Fastnachtsonntag die Ausstellung der Motivwagen des MCV. Hier kann man nicht nur die handwerklichen Meisterleistungen der Wagenbauer bestaunen, sondern sich auch ganz genau betrachten welche politischen Besonderheiten im Focus der Narren stehen. Der Tanz auf der Lu war in früheren Zeiten mit zahlreichen Livebands und richtigen Tanzböden Treffpunkt für Jung und Alt, die gern einmal das Tanzbein schwangen.

Umzüge aller Orten. Bis Fastnachtdienstag überall ist was los.

In der gesamten Region gibt es zahlreiche Umzüge. Einen herauszugreifen fällt da wirklich schwer. Wenn Sie mit kleinen Kindern unterwegs sind, ist es auch mal schön einen der kleinen Umzüge zu besuchen. Zum Beispiel in Dienheim (13.11 Uhr) und Bodenheim (14:11 Uhr) am Fastnachtsamstag. In Guntersblum (13.33 Uhr) am Sonntag. In Wörrstadt koordiniert ein sehr aktiver Turnverein die Fastnachtsaktionen – von Teen-Party bis Teufelsfrauen Sitzung – stellen die Aktiven ein umfangreiches Programm auf die Beine.

Und wer noch immer nicht genug hat besucht die zahlreichen Umzüge in den Rheinhessischen Ortschaften am Fastnachtdienstag.

So findet in Nieder-Olm ein Zug mit über 60 Zugnummern, bestehend aus den Nieder-Olmer Vereinen und Musikzügen aus der Umgebung statt. Ausgerichtet vom Nieder-Olmer Carneval Club, Beginn um 14.11 Uhr.

Auch die Umzüge in Sprendlingen, Zornheim, Nackenheim und die traditionelle Kappenfahrt in der Mainzer Innenstadt ziehen die Fastnachter noch einmal auf die Straßen.

Allemanische Hexen auf dem Rosenmontag
Allemanische Hexen auf dem Rosenmontagsumzug.
Copyright: Robert Dieth

Aschermittwoch – die Narren beklagen das Ende der Fastnacht.

Und dann? Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Seinen Namen hat der Aschermittwoch vermutlich aus dem christlichen Glauben. Nachdem Hiob seine „Hiobsbotschaften“ erhielt, setzte er sich rücklings in einen Aschehaufen.  Und noch heute erhalten die Gläubigen im Rahmen des Gottesdienst am ersten Tag der Fastenzeit ein Aschekreuz auf die Stirn. Auch diese Begebenheiten könnten den Namen des Aschermittwoch erklären: Als Mainz am 27.02.1945 in „Schutt und Asche“ lag oder dass die Vergänglichkeit mit „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub“ umschrieben wird, dass auch Buße und Reue mit dem Ausdruck „in Sack und Asche gehen“ verbunden werden.

Auf jeden Fall geben die Narren die Schlüssel der Rathäuser zurück und bei Quellde, Hering und Worscht wird noch mal auf die erfolgreiche Zeit zurückgeblickt. Einige ziehen nun noch an den Rhein oder Fastnachtsbrunnen und waschen ihren Geldbeutel aus, das soll Glück und Geld bis zur nächsten Kampagne bringen. Der „Geldbeutelwäscher“ ist im Mainzer Fastnachtsbrunnen auf dem Schillerplatz sogar als Figur verewigt.

Viele Informationen rund um die Fastnacht finden Sie auf den Seiten der Mainzer Fastnacht eG, auf den Seiten der jeweiligen Garden und Vereine, sowie auf den Webseiten der Gemeinden.

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